Der TikTok-Bann in den Vereinigten Staaten löste auch in Europa Wellen aus. Die 2020 von Trump verbotene App ging gegen die Entscheidung in Berufung; diese wurde jedoch wenige Tage vor Trumps Amtseinführung abgelehnt. Daraufhin entschied sich der frisch gewählte Präsident, TikTok per Dekret wieder zu erlauben. Abgesehen von der Verwirrung, die dieses Manöver auslöste, fragen sich nun auch viele Europäer, ob das Verbot nicht gut begründet war. Der estnische Außenminister Tsahkna regte an, ein solches Verbot auf EU-Ebene durchzusetzen, und auch die EU-Kommission ermittelt bereits wegen mangelndem Jugendschutz.
Ein klares Ja zum Verbot vertritt der Autor Leonard Schmidt.
Die EU-Kommission begründet ihre Haltung damit, dass TikTok der besonderen Verantwortung, die es aufgrund seiner Popularität trägt, nicht gerecht wird. Das Hauptproblem liegt im Algorithmus, der nicht nur illegale Inhalte verbreitet, sondern auch bewusst abhängig machen soll. Die Intransparenz von TikTok in Bezug auf die Abläufe und Funktionen des Algorithmus gilt als Beweis dafür, dass die Plattform stärkere Regulierungen benötigt. Die Vorwürfe, dass TikTok eine politische Agenda verfolgt, werden ebenfalls untermauert.
Besonders die vermuteten Suchtmechanismen des Algorithmus sind unvereinbar mit dem Kinderschutz, der von einer solchen Plattform verlangt werden sollte. Das Resultat ist für jeden sichtbar, der mit Kindern und Jugendlichen im Bereich des erhöhten Medienkonsums vertraut ist: Von A wie Aufmerksamkeitsspanne bis Z wie Zeitverschwendung reichen die negativen Konsequenzen.
Darüber hinaus stellt sich in Zeiten politischer Polarisierung, die zu großen Teilen von Plattformen wie dieser vorangetrieben wird, die Frage, ob TikToks Radikalisierungspirale nicht eine zu große Belastung für unsere Demokratie darstellt. Besonders, wenn man bedenkt, dass TikTok nachweislich politische Inhalte zensieren kann (z. B. bei Systemkritik an der Kommunistischen Partei Chinas), wird klar, dass TikTok hier bewusst mit unserer Demokratie spielt. „Heranwachsende sind im Netz längst zu einer sehr wichtigen Zielgruppe rechtsextremistischer Propaganda geworden“ (Zitat: BPB). Wer das toleriert, kann sich nicht mehr auf dem demokratischen Spielfeld bewegen.
Der wohl gravierendste Vorwurf an TikToks Mutterkonzern ByteDance ist jedoch der der chinesischen Einflussnahme. Bereits vor zwei Jahren verboten sowohl die EU-Kommission als auch die US-Regierung TikTok aus Sicherheitsbedenken ihren Angestellten und Beamten. Ein Verbot für die Gesamtbevölkerung muss folgen, wenn wir diese nicht dem chinesischen Überwachungsapparat aussetzen wollen.
Berechtigt ist die Annahme, dass China dieses Unternehmen nutzt, um staatliche Interessen und Propaganda zu verbreiten. Wer sich für Taiwan oder die unterdrückten Uiguren in China einsetzt, hat mit dem Algorithmus Pech, denn solche Inhalte werden bewusst unterdrückt, während leichte Unterhaltung bevorzugt wird. Im Gegensatz zur chinesischen Version, die Bildungsinhalte priorisiert, zeigt das: Es geht auch anders. TikTok wird von der Kommunistischen Partei Chinas als „langer Arm“ genutzt, um die eigene politische Position in der westlichen Jugend zu stützen und Zwietracht zu säen. Die politischen Positionen, die TikTok unterstützt, sind keineswegs zufällig. Sie tragen dazu bei, die westliche Welt zu spalten und zu verunsichern. China, das TikTok selbst verboten und durch die zensierte heimische Variante ersetzt hat, zeigt: Wenn TikTok wollte, wäre es als Medium sowohl mit Jugendschutz als auch mit Demokratie vereinbar.
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